Methodik ist nicht Gegenstand eines geisteswissenschaftlichen Studiums. Maximal beschäftigt sie sich mit dem Karteisystem der jeweiligen Universitätsbibliothek, Bibliographien und den Bibliographien der Bibliographien. In letzteren sind dann die Bücher gelistet, die alle Bücher listen, die Bücher listen. Im studentischen Alltag ist das eher uninteressant, denn die so gefundenen Bücher sind nicht vorhanden und müssen bestellt werden, bis die dann da sind, ist das Semester rum. Hier wäre natürlich der google Ansatz, alle Bücher einzuscannen und digital zugänglich zu machen ungemein hilfreich, aber das geht nur, wenn der Autor sich bereits seit 70 Jahren die Radieschen von unten anschaut. Ist das nicht der Fall, so stellen sich die Verlage auf den Standpunkt, dass es weit günstiger ist, wenn das entsprechende Buch schlicht niemand liest. Die Digitalisierung hätte noch einen Vorteil. Es könnte effiziente Suchalgorithmen programmiert werden und die Bibliographien der Bibliographien könnte man zum Heizen verwenden. Die ganze Debatte wird noch garniert mit so ungemein spannenden Fragen, ob Bücher nicht auch ein haptisches Erlebnis sein müssen und diagnostiziert wird der Untergang des Abendlandes, wenn der Text als pdf auf einem Bildschirm erscheint. Das nächste ganz große Thema ist dann die Zitierweise. Das betrifft dann so interessante Fragen ob es Maier, Hans heißt oder Hans Maier, ob der Herausgeber genannt werden muss etc.. Ist ein Werk schon genannt, heißt es opus citatus, op.cit, wichtig ist, dass man das Erscheinungsdatum nicht vergisst und den Hrsg., den Herausgeber. Weiter muss man auch richtig zitieren. Das sind auch die Fragen, die Plagiatsträger beschäftigen. Entscheidend bei den Doktorarbeiten von Schavan (Person und Gewissen. Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung), Giffey (Europas Weg zum Bürger – Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft), Guttenberg (Verfassung und Verfassungsvertrag: Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU) etc. etc.. wird nicht die Relevanz in Frage gestellt. Bemängelt wird, dass nicht richtig zitiert wurde. Solange richtig zitiert wird, ist die Welt in Ordnung. Man kann sich zwar die Frage stellen, wieso Leute mit Abitur selbst noch den allertrivialsten Käse abschreiben müssen, aber das ist eigentlich nicht der Punkt. Die Frage ist, warum jemand seinen Namen auf Kosten des Steuerzahlers verlängern und dafür Zweihundert Seiten vollpinseln muss. Wenn diese Kriterien alle erfüllt sind, dann ist es eine wissenschaftliche Arbeit. Der Begriff Wissenschaft taucht so oft auf, dass am Schluss jeder glaubt, er sei mit hochwissenschaftlichen Dingen beschäftigt, obwohl nie jemand definiert hat, was Wissenschaftlichkeit in diesem Kontext eigentlich konkret bedeutet und niemand in der Lage ist, das zu definieren.

Explizit definiert wird es im Übrigen auch in den Natur- / Ingenieurwissenschaften nicht und entgegen der Ansicht Poppers, der scheint die Frage ja relevant zu finden, immerhin hat er ein dickes Buch darüber geschrieben, ist das auch kein Problem. In der Regel hat man eine Theorie, die ein bestimmtes Ereignis erwarten lässt. Tritt das erwartete Ereignis ein, dann scheint die Theorie, zumindest wenn nicht jemand mit Adobe Photoshop die Bilder, die das Elektronenmikroskop ausgespuckt hat, nachträglich anpasst, erst mal richtig zu sein. Falsch ist allerdings die Ansicht Poppers, dass die ganze Theorie über den Haufen geworfen wird, wenn dies nicht der Fall ist. Unter Umständen wird man dann eher nach Ursachen suchen, warum in diesem Fall die Theorie nicht zutrifft. Man wird dann unter Umständen erst mal versuchen die Faktoren auszuschalten, die möglicherweise einen Einfluss haben. Das alles funktioniert aber völlig ohne Popper und mit dem gesunden Menschenverstand. Man wird kaum einen Wissenschaftler in einem Forschungslabor finden, der von Popper mehr als den Namen kennt.

In der Volkswirtschaftslehre ist die ceteris paribus Klausel der letzte Schrei. Ceteris paribus heißt vereinfacht ausgedrückt, dass man ein Modell bastelt, dass so weit vereinfacht ist, dass es mathematisch modelliert werden kann. Was sich nicht mathematisch modellieren lässt, wird eliminiert, auch wenn das Modell dann mit der Realität nichts mehr zu tun hat. Das Modell liefert dann exakte Ergebnisse im Paralleluniversum, die aber irrelevant sind für die marktwirtschaftliche Ordnung. Die marktwirtschaftliche Ordnung ist ein System zur Beherrschung von Unsicherheit. Das System wird beeinflusst von Tausenden von Faktoren. Krieg in Syrien, Änderung der Kundenpräferenzen, technologische Entwicklungen, Handelskonflikte, Umweltbedingungen etc. etc.. An alle diese Änderungen passt sich das System an, indem alle Teilnehmer die für sie optimale Entscheidungen treffen, das heißt ihre Ressourcen optimal reallozieren. Wenn alle in dem Bereich, in dem sie sich gut auskennen, ihre Ressourcen optimal allozieren, sind sie auch gesamtwirtschaftlich optimal alloziert, wenn wir mal die zutreffende Fundamentalkritik von Keynes außer acht lassen. Der dezentrale Entscheidungsmechanismus von Millionen von Individuen, die sich in ihrem unmittelbaren Bewegungsradius bestens auskennen, führt dazu, dass das System nach externen Schocks wieder schneller in das Optimum zurückfindet. Das mathematische Modell, das die Marktwirtschaft als berechenbar darstellt, negiert die Stärke marktwirtschaftlicher Ordnungen. Wenn exakte Prognosen über die Zukunft möglich sind, braucht es keine Marktwirtschaft, weil es keine Unsicherheit gibt. Wir brauchen keine second best Lösung, wenn es eine optimale Lösung gibt. Wenn die Wirtschaft berechenbar ist, ist die Planwirtschaft eindeutig überlegen. Was sich eindeutig berechnen lässt, sollte man berechnen.

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