im Gestern, Heute und Morgen Konstanten gibt, aber das muss dann etwas sein, was heute relevant ist. Aus irrelevanten Konstanten ergibt sich kein Zusammenhang. Bei Zukunft braucht Herkunft fragt sich natürlich, wie Herkunft definiert ist und welcher Zeitraum und Erdteil hierbei relevant ist. Da gibt es ein weites Feld an Möglichkeiten. Das persische Reich unter Kyros oder amerikanische Geschichte im 18. Jahrhundert, das antike Griechenland oder die Ming Dynastie in China, Glorious Revolution in England oder Weimarer Republik. Man kann bei Herkunft auch ganz weit zurückgehen, das wäre dann Afrika. Schwierig ist auch der Begriff brauchen in diesem Zusammenhang. Wird die Herkunft von der Zukunft gebraucht, wäre die Zukunft ja von der Herkunft abhängig, wäre dann also in den jeweiligen Erdteilen mit unterschiedlicher Herkunft, bzw. in Abhängigkeit von der Herkunft, die vermittelt wird, jeweils unterschiedlich. Das wäre dann so ähnlich wie der Einfluss der Familienverhältnisse auf die Karriere, einen Einfluss, den man ja im Allgemeinen in modernen Gesellschaften zu verringern sucht, Stichwort Chancengleichheit.

Fasst man das alles zusammen, man kann das jetzt noch eine Weile weiter- treiben und ein breiteres Fundament an Daten heranziehen, was aber am Befund nichts ändern wird, so kann man feststellen, dass die Jungs und Mädels Null Plan vom Geist haben, was für Lehrer fatal ist. Weiß der Lehrer nicht, wo der Geist herkommt, was er ist, was er intendiert, dann gestaltet sich auch die Vermittlung schwierig, was wir ja derzeit beobachten können.

Die akademische Lehre setzt weitgehend an einem unbewussten Vorverständnis an, das innerhalb der Blase auch nicht hinterfragt wird, was allerdings sehr sinnvoll wäre, denn das Publikum außerhalb der Blase hinterfragt, und zwar ziemlich radikal. Wer sich nie über das Spannungsverhältnis zwischen Subjekt und Objekt, was der Inhalt des Geistes ist, Gedanken gemacht hat, der macht sich naheliegenderweise auch über Anschlussfähigkeit keine Gedanken, den in der Beliebigkeit, ist jeder Inhalt so anschlussfähig wie ein anderer. Kabale und Liebe, Bahnwärter Thiel, Faust, Schimmelreiter, Ansichten eines Clowns, Bob Dylan, Pink Floyd, Eduardo Aute. Egal. Ob ein Text den Nerv einer Zeit traf und dem Lebensgefühl von Hunderten von Millionen von Leuten außerhalb der Blase Ausdruck verlieh oder lediglich in der Blase künstlich beatmet wird, egal. Das führt dann aber dazu, dass sich die relevanten Diskussionen ins Kino verlagern und man sich die Geisteswissenschaften sparen kann. Es sind Filme wie „Das Leben der Anderen“, „Der Staat gegen Fritz Bauer“, „Moderne Zeiten“, „Milena“, „Carmen“ etc., die eine öffentliche Debatte auslösen und zu einem Bewusstseinswandel beitragen. Die Geisteswissenschaften sind da eher ein Beitrag zur Banalität des Bösen. Die Beliebigkeit ist nicht nur geistlos im worteigensten Sinn, da fehlt der Geist, sondern auch Fundament des Bösen. Wer keine Präferenzen hat, begreift sich als kleines Rad im Getriebe, fühlt sich aber im Großen und Ganzen nicht dafür verantwortlich. Wer nur Rädchen sein will, dem ist das Getriebe egal. Das erklärt die hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Geisteswissenschaften an die jeweiligen Rahmenbedingungen. Die Geisteswissenschaften sind nicht Orientierung, sondern das, was sich orientiert. Darüber sollte man bei der Kultusministerkonferenz vielleicht mal nachdenken. Wenn man verstehen will, wie eine Gesellschaft in die Barbarei abgleitet, dann kann man das anhand der Geisteswissenschaften exemplarisch studieren. Es würden sich zwar noch andere Fachbereiche anbieten, etwa Jura, aber der Witz bei den Geisteswissenschaften besteht eben darin, dass hier die Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung und Realität besonders groß ist.

Was also den Geist der Geisteswissenschaften betrifft, kann man sagen, dass nicht viel passiert, wenn er abwesend ist, denn er ist bereits abwesend und die Republik steht ja noch. Solange die Rahmenbedingungen stimmen, also die freie Marktwirtschaft und die Demokratie funktioniert, braucht es für die Orientierung keinen Geist. Stimmen die Rahmenbedingungen nicht mehr, dann ist der Geist keine Hilfe. Das hohle Geschwätz bietet keine Orientierung und vermittelt keine Werte. Autoritäre / totalitäre Systeme sind überall, unabhängig vom Geist, der wohl überall geistlos ist, möglich. Es gibt dann überall Ausnahmen, die gegen die sich dann herauskristallisierenden Strukturen opponieren, aber ein Zusammenhang mit dem Geist ist nicht erkennbar. Der Kunstschreiner Georg Elser tat das Richtige, und der große Philosoph Martin Heidegger mutierte zur Witzbudenfigur und schwafelte irgendwas von deutscher Universität mit Auftrag. Für den großen Philosophen gilt, was immer gilt. Nur tote Fische, schwimmen mit dem Strom und das gilt eben auch für die Geisteswissenschaften. Die Geisteswissenschaften sind, empirisch belastbar nachweisbar, so umfassend gescheitert, dass sie erst mal in Klausur gehen sollten und analysieren sollten, was da falsch gelaufen ist, bevor sie mit der Verbreitung des Geistes beauftragt werden.

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