Bei Zitierwissenschaften wie der Volkswirtschaftslehre ist die Suche nach den ewig geltenden Gesetzen inkompatibel mit der marktwirtschaftlichen Ordnung. Die marktwirtschaftliche Ordnung ist der Planwirtschaft überlegen, weil die dezentrale Planung über Preise präziser, schneller und einfacher ist. Sie kann damit Fehlentscheidungen schneller korrigieren und sich an ändernde Verhältnisse schneller anpassen. Sie wird also mit Unsicherheit besser fertig. Gäbe es allerdings ewig geltende Gesetze, dann wäre die Wirtschaft planbar, präzise Prognosen möglich. Wenn etwas planbar ist, sollte man es planen. Wir brauchen keine zweitbeste Lösung, wenn es eine optimale Lösung gibt. Das Problem ist, das ein hochkomplexes System wie die Wirtschaft nicht planbar ist. Wenn jemand behauptet, dass er die Marktwirtschaft aufgrund von Gesetzen planen will, dann hat er Entscheidendes nicht verstanden. Bedauerlicherweise verstehen auch viele Professoren der Vwl nicht wirklich, in welcher Wirtschaftsordnung sie leben und warum diese so ist, wie sie nun mal ist. Durch die Übernahme der Methoden der Physik, will die Volkswirtschaftslehre suggerieren, dass sie einen ähnlich Fundus an Gesetzen zur Verfügung stellen kann, wie die Physik und folglich den gleichen Respekt verdient. Tatsächlich stellt das methodische Vorgehen die Grundlagen unserer Wirtschaftsordnung in Frage. Das begreifen die meisten Professoren der Vwl zwar nicht, aber das ist ganz objektiv so und wird von den Gründungsvätern des Faches, z.B. Alfred Marshall, glasklar gesehen. Die meisten Gleichungen in der Volkswirtschaftslehre beschreiben Gleichgewichte, aber nicht, wie man da hinkommt. Die berühmte Gleichung, Sparen = Investieren, in jedem Lehrbuch zur Makroökonomie taucht sie ein paar Hundert Mal auf, beschreibt ein Gleichgewicht, aber nicht wie man da hinkommt. Wird zuerst gespart und dann investiert, wie die Klassik behauptet, oder wird zuerst investiert und dann anschließend gespart, wie Keynes behauptet und damit naheliegenderweise Recht hat. Hat man nicht begriffen, was inhaltlich gemeint ist, dann wird die Begriffstutzigkeit durch mathematische Gleichungen lediglich verschleiert.
Die Naturwissenschaften wollen Zusammenhänge verstehen und das ist naheliegenderweise äußerst sinnvoll. Interesseloses Wohlgefallen ist nicht
das Ziel eines Ingenieurs. Das würde Schiller auf Granit beißen. Der Triumphzug der Naturwissenschaften ist durch ihre praktische Relevanz gegeben. Die Natur will man tatsächlich verstehen und im Gefolge daran beherrschen.
Den Geist will man eigentlich gar nicht verstehen. Damit die Geisteswissenschaften ihren Platz haben, muss man zwar suggerieren, dass sich die Geisteswissenschaften um ein Verständnis des Geistes bemühen, aber eigentlich ist das blanker Unsinn und führt zu so absurden Fragen wie „was will uns der Dichter mit seinem Werk sagen“. Die Antwort auf diese Frage ist immer dieselbe: Gar nichts. Wenn uns der Dichter was SAGEN will, dann soll er das tun, möglichst didaktisch geschickt, schnörkellos und in Prosa. Der Geist hat vielleicht ein Bedürfnis sich mitzuteilen, was aber nicht unbedingt heißt, dass er irgendwelche Zusammenhänge klären will. Da liegt Brecht völlig falsch. Wenn Brecht meint, dass er auf dem Theater die Welt erklären könne, dann hätte er mal die General Theory on Employement, Interest and Money von Keynes in die Hand nehmen müssen. Wenn er das im Theater darstellt, erlöst er alle Studenten der Wirtschaftswissenschaften von einem echten Problem. Anstatt dicke Bücher zur Makroökonomie zu wälzen, könnte man einfach ins Theater gehen und sich amüsieren.