https://www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/v/littheo/glossar/intertextualitaet.html

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Mit Intertextualität wird in der strukturalistisch und poststrukturalistisch geprägten Kultur- und Literaturtheorie das Phänomen bezeichnet, dass kein Bedeutungselement – kein Text also – innerhalb einer kulturellen Struktur ohne Bezug zur Gesamtheit der anderen Texte denkbar ist. In der Literaturwissenschaft werden auch konkrete Bezüge zwischen literarischen Einzeltexten als „Intertextualität“ bezeichnet.

https://de.wikipedia.org/wiki/Intertextualit%C3%A4t

Das ist die Liga „Am Anfang war das Wort“, was unstrittig falsch ist. Ohne ein Bewusstsein, das von der Welterfahrung geprägt ist, gibt es keine Wörter, weil man sie dann nicht braucht. Wenn die Philologen bei der Intertextualität gelandet sind, dann fehlt ihnen eben die Welterfahrung. Ohne Welterfahrung drehen die Wörter im Leerlauf. Im fortgeschrittenen Stadium sprechen die dann auch von Textproduktion in Bezug auf literarische Werke, womit ein Vergleich zur industriellen Fertigung gezogen wird, für die es dann tatsächlich kein Bewusstsein mehr braucht, das die Welt reflektiert. Der Begriff ist also Ausdruck einer tiefen Krise. So tief, dass sich die Frage stellt, ob man wirklich weiterhin Milliarden an Steuergeldern in das System pumpt, denn außerhalb der Blase interessiert das niemanden mehr. Die Textproduktion, also sinnloses, automatisiertes oder halbautomatisiertes Geschwafel, macht jeder Computer. Der hat dann kein Bewusstsein und braucht auch keines.

Texte beziehen sich nicht auf Texte. Richtig ist nur, dass Ideen, Perspektiven, Visionen, Stimmungen etc. die in sprachlichen Werken vorliegen, andere sprachliche Werke beeinflussen. Das ist naheliegend. Richtig ist auch, dass es zum Teil Umbrüche in der Art gibt, wie sich ein Bewusstsein äußert, z.B einen Wandel von einer auktorialen Erzählsituation à la Tolstoi zu einer personalen Erzählsituation, wie wir sie extrem bei Maria Vargas Llosa in La conversación en la Catedral finden. James Joyce und der stream of consciousness hatte in der Tat eine große Wirkung auf die Literatur, weil damit der assoziative, irrlichternde Charakter des Bewusstseins beschrieben werden kann. Übernommen wurden solche „Techniken“, weil ihnen ein Wahrheitsgehalt zukommt und nicht, weil sich damit Texte produzieren lassen.

Richtig ist höchstens, dass die Sprache den Zugriff auf Bewußtseinsinhalte erlaubt. Es gibt einen Unterschied z.B. zwischen glücklich und fröhlich. Wenn jemand über die Bedeutung von glücklich nachdenkt, wird er andere Szenarien an seinem geistigen Auge vorbeiziehen lassen als bei fröhlich. Auf das mit fröhlich und glücklich Gemeinte, kann aber ohne Sprache nicht zugegriffen werden. In diesem Sinne konserviert Sprache Bewußtseinsinhalte, bzw. ist der Zeiger, der auf die Region verweist, wo diese Bewußtseinsinhalte abgespeichert worden sind. Ohne diesen Zeiger, wären diese Inhalte so verloren wie der Spielfilm, den man zwar wieder erkennt, wenn man nur wenige Sequenzen daraus wieder sieht, der aber nicht bewusst ins Gedächtnis gerufen werden kann.

Die Anhänger der Wort first Theorie sind vielgestaltig. Zu der Kategorie gehört auch Wittgenstein mit seinem „Die Grenzen meiner Sprache, sind die Grenzen meiner Welt“, wobei Wittgenstein, entgegen dem was allgemein geglaubt wird, auf die Sprache an sich abstellt, nicht auf Einzelsprachen. Unsinn ist das schon deswegen, weil nach dieser Logik die „Welt“, bzw. der Horizont nie hätte erweitert werden können. Unsere „Welt“, unser „Horizont“, unsere „Welterfahrung“, unsere Vorstellungen von der Welt wären dann noch dieselben, wie die der Ägypter zur Zeit der Pharaonen, was ganz offensichtlich nicht zutrifft. Genau genommen hätte sich gar keine Sprache entwickelt. Die Sprache folgt einer immer ausdifferenzierteren Welterfahrung. Wird als Grenze der Welterfahrung die Sprache gesetzt, ist die Welterfahrung gar nicht möglich.

Es ist genau umgekehrt. Unsere Vorstellungen, unser Horizont, unsere Welterfahrung etc. modifiziert die Sprache. Die Sprache ist erstmal ein Werkzeug und wird an die Bedürfnisse angepasst. Ein fehlendes Werkzeug kann hinderlich sein, stellt aber nur solange eine Grenze dar, bis geeignete Werkzeuge entwickelt wurden. Das geht nun so, seit es Menschen gibt. Dass der Ausspruch Wittgenstein ständig zitiert wird, auch von schlichten Gemütern wie Bundespräsidenten und Ähnlichem, liegt wohl darin, dass manche Leute meinen, sie seien besonders tiefsinnig, wenn sie dunkel raunen und weil noch der größte Einfallspinsel vom tiefsten Mysterium tief ergriffen sein will.

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