(Um es an einem Beispiel zu erläutern. Dass die Ökonomen bei der Prognose des Mindestlohnes so vollkommen daneben lagen, liegt auch daran, dass sie sich von ihren Lehrbuchmodellen nicht lösen konnten, die führten zu einer Verengung des Gesichtsfeldes. Die Auflösung des Rätsels, warum der Mindestlohn nicht zu einer höheren Arbeitslosigkeit führte, ist einfach. Die Nachfrage nach bestimmten Leistungen, etwa Fenster putzen, ist begrenzt und bis zu dieser Grenze, konkurrieren sich die Arbeitnehmer auf das Existenzminimum hinunter. Wird hier der Lohn angehoben, wird die Differenz aus dem Gewinn bezahlt. Bis zu der von der Nachfrage gesetzten Grenze, ändert sich aber also der Nachfrage nach Arbeit, also Unternehmer, die Arbeit nachfragen, nichts. Stark formalisiertes Denken versperrt manchmal den Blick auf die Realität.)
Mephistopheles fasst nun diese Problematik folgendermaßen zusammen.
Mein teurer Freund, ich rat Euch drum
Zuerst Collegium Logicum.
Da wird der Geist Euch wohl dressiert,
In spanische Stiefeln eingeschnürt,
Daß er bedächtiger so fortan
Hinschleiche die Gedankenbahn,
Und nicht etwa, die Kreuz und Quer,
Irrlichteliere hin und her.
Dann lehret man Euch manchen Tag,
Daß, was Ihr sonst auf einen Schlag
Getrieben, wie Essen und Trinken frei,
Eins! Zwei! Drei! dazu nötig sei.
Zwar ist’s mit der Gedankenfabrik
Wie mit einem Weber-Meisterstück,
Wo ein Tritt tausend Fäden regt,
Die Schifflein herüber hinüber schießen,
Die Fäden ungesehen fließen,
Ein Schlag tausend Verbindungen schlägt.
Der Philosoph, der tritt herein
Und beweist Euch, es müßt so sein:
Das Erst wär so, das Zweite so,
Und drum das Dritt und Vierte so;
Und wenn das Erst und Zweit nicht wär,
Das Dritt und Viert wär nimmermehr.
Das preisen die Schüler allerorten,
Sind aber keine Weber geworden.
Wer will was Lebendigs erkennen und beschreiben,
Sucht erst den Geist heraus zu treiben,
Dann hat er die Teile in seiner Hand,
Fehlt, leider! nur das geistige Band.
Gegenüber gestellt wird also das Collegium Logicum, ein stark formalisiertes Denken, einer mehr „assoziativen“ Denkweise, die etwas irrlichtert. Dieses Irrlichtern wird aber als effizienter dargestellt, weil dann der „Geist“ nicht herausgetrieben wird. Dass kann man so verstehen, dass ein stark formalisiertes Denken, wie wir es z.B. in der Ökonomie finden, ein Problem nicht in seiner Gesamtheit erfassen kann, also wesentliche Aspekte nicht in das Modell eingehen, wohingegen die „assoziative“ Denkweise einen unverstellteren Blick auf die Realität hat, zumindest wenn eine breite Erfahrung mit der realen Welt vorliegt. Die verschiedenen Herangehensweisen lassen sich in der Ökonomie einigermaßen präzise nachweisen, was wir hier aber nicht tun werden. Wer sich dafür interessiert, der sei auf die <A href=http://www.economics-reloaded.de>www.economics-reloaded.de</A> verwiesen.
Er wird feststellen, dass Wealth of Nations von Adam Smith oder der Traité d’économie politique von Jean Baptiste Say kaum formalisieren und aus ihrer eigenen persönlichen Anschauungen schreiben. Das führt, wie Keynes schon andeutet, zu teilweise widersprüchlichen Aussagen, vermittelt aber insgesamt tiefere Einsichten in das ökonomische Geschehen, als On the Principles of Political Economy and Taxation von David Ricardo, der wohl als der erste Modellschmied der Ökonomie gelten kann. Zusammenhänge, die nicht Bestandteil seines Modells sind, bleiben schlicht unberücksichtigt, was zu Aussagen führt, die dem Betrachter, der die Welt unverstellt betrachtet, schlicht absurd anmuten. Das fehlende „geistige Band“ verweist auf die Abwesenheit von Sinn. Folgt man den grundsätzlichen Annahmen von David Ricardo, ist das Modell in sich schlüssig. Betrachtet man die Welt mit dem gesunden Menschenverstand, ist das Modell absurd. Falsch ist z.B. die Annahme, dass fruchtbares Land in der Nähe von Städten einen größeren Profit abwirft, als weiter entferntes Land, weil die Transportkosten nicht mit der Entfernung korrelieren. Ein anderes Beispiel wäre die prinzipielle Herangehensweise der Ökonomie. Rational ist in der Ökonomie ein Verhalten, mit dem ein als gegeben gesetztes Ziel erreicht werden kann. In der Ökonomie ist das üblicherweise die Nutzenmaxierung. Das Ziel selbst wird aber nicht hinterfragt, wobei aber logisch ist, dass es sehr viel rationaler ist, ein rationales Ziel mit irrationalen Mitteln zu verfolgen als ein irrationales Ziel mit rationalen Mitteln. Wenn der Sinn und Zweck irrational ist, dann sind die Mittel, mit denen dieses Ziel erreicht werden soll, ebenfalls ziemlich irrational.
Das Problem bei Goethes Faust ist, dass der spiritus rector, also Goethe höchstselbst, stark „intuitiv“ „argumentiert“, so dass es auch nur „intuitiv“ verstanden werden kann. Man kann davon ausgehen, dass es eine gewissen Übereinstimmung gibt zwischen Goethe und Torquato Tasso, den Eleonore so beschreibt.
Sein Auge weilt auf dieser Erde kaum;
sein Ohr vernimmt den Einklang der Natur;
was die Geschichte reicht, das Leben gibt,
sein Busen nimmt es gleich und willig auf:
Das weit Zerstreute sammelt sein Gemüt,
und sein Gefühl belebt das Unbelebte.
Oft adelt er, was uns gemein erschien,
und das Geschätzte wird vor ihm zu nichts.
In diesem eignen Zauberkreise wandelt
der wunderbare Mann und zieht uns an,
mit ihm zu wandeln.